Sightseeing

Traumstadt am Fuße des Tafelbergs

Kapstadt, englisch Cape Town, afrikaans Kaapstad, schmiegt sich in eine der erregendsten Landschaften, die sich überhaupt denken lassen. Beschirmt von dem blau schimmernden Massiv des Tafelbergs und eingerahmt von Devil’s Peak, Signal Hill und Lion’s Head, ist Kapstadt die berühmte ›Taverne der Meere‹, einstmals ein lebenswichtiger Zufluchtsort für Seeleute.

Geschichte

Nördlich von Kapstadt durchgeführte Ausgrabungen stützen die Vermutung, dass es schon den Phöniziern gelungen sein muss, jenes Kap zu umrunden, dem der portugiesische Entdecker Bartholomeus Diaz im Jahre 1488 die Bezeichnung Kap der Stürme gegeben hatte.

Bald darauf wurde das Felsenende in Kap der Guten Hoffnung umbenannt, und Sir Francis Drake sprach 1580 vom ›schönsten Ende der Welt‹.

Die Geburtsstunde Kapstadts schlug am 6. April 1652, als der in den Diensten der Niederländisch-Ostindischen Kompanie stehende Jan van Riebeeck in der Tafelbucht Anker warf. Nachdem er an Land die holländische Fahne gehisst hatte, begann er mit dem Bau eines Forts, für die Versorgung seiner Mannschaft legte er einen Gemüsegarten an. Der Tafelberg, der an klaren Tagen aus 200 km Entfernung von See her auszumachen ist, lud bald wie ein gigantisches Gasthausschild zur Einkehr ein, denn das Kap bot Schutz bei stürmischem Meer sowie frisches Fleisch, Gemüse, Obst und Wein.

Bereits vor der Landung der Holländer hatten Menschen im Schatten des Tafelbergs gelebt. Hirten der Khoikhoi (›Hottentotten‹) hüteten kleine Schafherden, die San (›Buschmänner‹) jagten Wild, und Strandloper suchten die Küsten nach Essbarem ab.

Zunächst 1795 und endgültig ab 1806 war Kapstadt Sitz der britischen Kapkolonie. Im Zweiten Weltkrieg bildete die Stadt für die Briten eine strategisch wichtige Marinebasis. Im Zeitalter der Interkontinentalraketen ging die Bedeutung Kapstadts und des südlichen Kriegshafens Simon’s Town jedoch zurück. Geblieben ist ein wichtiger Exporthafen vor allem für Wein und Zitrusfrüchte.

Seit dem Ende der Apartheid zu Beginn der 90er-Jahre des 20. Jh. und der Aufhebung internationaler Wirtschaftssanktionen lebt die Region Kapstadt zunehmend vom Tourismus.

Besichtigung

Wer sich vor der Erkundung zu Fuß einen Überblick über die Stadt verschaffen möchte, dem bietet die Fahrt mit einem der roten, oben offenen Doppeldeckerbusse hierzu eine schöne Möglichkeit. Die zweistündige Tour führt vom Hafengebiet ins Zentrum und hinauf zum Aussichtsberg Signal Hill. Von dort geht es entlang der Strände von Camps Bay und Clifton zurück in die City.

Von der Adderley Street zur Government Avenue

Die Adderley Street ist die Haupteinkaufsstraße Kapstadts, benannt nach Sir Charles Adderley, dem es 1850 gelang, die Einrichtung einer Strafkolonie am Kap zu verhindern. An ihrem nördlichen Ende liegt die Cape Town Central Station, von wo sowohl die Fernzüge in das Landesinnere als auch die Vorortbahnen etwa zu den Stränden an der False Bay abfahren. In unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofs lädt an der Ecke Adderley/Strand Street das Einkaufszentrum Golden Acre zum Stöbern und Verweilen ein. Bei den Arbeiten an dem 1978 fertig gestellten Komplex wurden Reste eines Wasserreservoirs aus dem Jahre 1663 freigelegt und in die moderne Architektur integriert.

An bunten Blumenständen vorbei erreicht man rund 300 m stadteinwärts die Groote Kerk von 1799, eine der ältesten Kirchen Südafrikas. Sie gilt zugleich als Urzelle der einflussreichen holländisch-reformierten Kirche im südlichen Afrika. Die Kanzel ist ein Meisterwerk von Anton Anreith und Jacob Graaff.

Gleich vis-à-vis stößt man auf das South African Cultural History Museum
(Mo-Sa 9.30-16.30 Uhr). Das 1679 als Unterkunft für 600 Sklaven errichtete Gebäude diente von 1810 bis 1967 als Sitz des Obersten Gerichtshofes. Die Exponate des Museums reflektieren die Entwicklung der Zivilisation vom Ägypten der Pharaonen über die chinesischen Hochkulturen bis in unsere Tage. Im Innenhof stehen die Grabsteine Jan van Riebeecks und seiner Frau Maria.

Neben dem Museum befinden sich die Houses of Parliament (Führungen Mo-Do 11 und 14 Uhr, Tickets für die Galerie während der Sitzungsperioden in Zimmer 12, Pass mitbringen). Im Jahre 1885 für die damalige Regierung der Kapkolonie errichtet, wurden die Gebäude bei Gründung der Südafrikanischen Union 1910 erstmals erweitert. Die Bibliothek mit der einzigartigen, 50 000 Bände umfassenden Mendelssohn-Sammlung von Africana sowie die Besuchergalerie des Parlaments sind zugänglich.

Etwa auf der Höhe der Parlamentsgebäude geht die Adderley Street in die Government Avenue über, an deren westlicher Seite sich der von van Riebeeck gegründete Company’s Garden erstreckt. Ursprünglich diente die üppig grüne und schattige Anlage als Gemüsegarten, der den ersten Siedlern frische Produkte lieferte und die in der Tafelbucht ankernden Schiffe mit neuen Vorräten versorgte. Heute erfreuen sich an dem reizvollen Botanischen Garten Einheimische wie Touristen und die zahlreichen dort lebenden Eichhörnchen gleichermaßen.

Museumsbesuche in Gardens

Östlich der Government Avenue beginnt der Bezirk Gardens, der mit drei sehenswerten Museen aufwarten kann. An der Ecke Paddock/Gallery Street lohnt zunächst die South African National Gallery (Di-So 10-17 Uhr) mit ihrer Kollektion von ca. 6500 Arbeiten einheimischer Künstler einen Besuch. Einige der wertvollsten Stücke stiftete der Politiker
Abe Bailey, der als ›Randlord‹ und Rebell gegen Präsident Paul Krüger einen Namen hatte. Zudem sind zahlreiche Fotos vom Leben der Schwarzen in den Townships zu sehen, die in den 50er- Jahren des 20. Jh. in der Zeitschrift ›Drum‹ erschienen sind. Moderne südafrikanische Kunst wird in regelmäßigen Wechselausstellungen präsentiert.

An der St. John’s Street erheben sich die im Stil der Neorenaissance erbaute imposante Große Synagoge mit ihren beiden charakteristischen Türmen und daneben die Alte Synagoge von 1863, in der die ersten jüdischen Gottesdienste in Südafrika stattfanden. Heute beherbergt sie das Jewish Museum (Dez.-Feb. Di, Do 11-17, Mi 9.30-12.30, So 10-12.30 Uhr, März-Nov. Di-Fr 14-17 Uhr) mit einer Sammlung von Kultgegenständen und historischen Dokumenten zur Geschichte der Juden am Kap. Seit Oktober 1999 befindet sich hier ein Holocaust Museum mit Gedenkstätte nicht nur für die von den Nationalsozialisten ermordeten Juden, sondern auch für Sinti, Roma, Homosexuelle und Zeugen Jehovas. Das Museum macht auch auf den deutschen Widerstand gegen Hitler aufmerksam, der hier mit den Namen Martin Niemöller, Oskar Schindler sowie ›Weiße Rose‹ verknüpft wird.

An das südliche Ende von Company’s Garden schließt sich der Komplex des South African Museum (tgl. 10-17 Uhr) an. In der Sammlung wird die Entwicklungsgeschichte der Menschen in Afrika von der Steinzeit bis zur Ankunft der Weißen am Kap dargestellt. Eindrucksvoll ist die Präsentation ethnischer Gruppen, einschließlich lebensgroßer Figuren der Khoisan. Bemerkenswert ist auch die Ausstellung Whale Well, die das ozeanische Leben thematisiert. Zu dem Museumsgelände gehört ferner das Planetarium (Shows Di und Do 13, Di 20, Sa 12 und 14, So 14 und 15.30 Uhr), in dem audiovisuelle Shows über die Veränderungen des südlichen Sternenhimmels im Jahreslauf informieren.

Die Long Street war zu Beginn des 20. Jh. die Kapstädter Flaniermeile zum Sehen und Gesehenwerden, zum Bummeln und Einkaufen. Heute findet sich in den teilweise renovierungsbedürftigen Häusern ein Sammelsurium von Secondhandshops, Antiquitätenläden und Kneipen, dazwischen hier und dort eine Moschee für die kapmalaiische Bevölkerung. Auch die besten Antiquariate des Landes sind hier angesiedelt. In jüngster Zeit wurde damit begonnen, einige der viktorianischen und kapholländischen Fassaden wieder herzurichten.

Ein ganz anderes Kapstadt erwartet den Besucher im Bo-Kaap (Ober-Kap). Man erreicht dieses traditionelle Wohnviertel der Kapmalaien auf einem Abstecher über die Wale Street, die in nordwestlicher Richtung bergan führt. Hier leben die vielfach muslimischen Nachkommen jener Sklaven, die einst aus Indien und Ostindien nach Südafrika gebracht wurden. Das Viertel atmet eine eigene Atmosphäre, hervorgerufen durch seine kopfsteingepflasterten kleinen Gassen und seine Moscheen, vor allem aber durch seine pastellfarben bemalten und verzierten Häuser. Das Bo-Kaap-Museum (Mo-Sa 9.30-16.30 Uhr) in der Wale Street dokumentiert das muslimische Erbe Kapstadts und zeigt die typische Einrichtung eines muslimischen Haushaltes im 18. Jh. Das Gebäude aus dem Jahre 1763 soll dem religiösen Führer Abu Bakr Effendi gehört haben, der aus dem Osmanischen Reich ans Kap gekommen war, um hier eine Schule für Arabisch zu eröffnen.

Zurück auf der Long Street lohnt das Sendiggestig Museum (Dez.-Jan. Mo-Fr 9-16, Sa 9-12 Uhr) einen Besuch. Hinter ihrer eindrucksvollen Fassade bietet die ehem. Missionsanstalt aus dem Jahre 1804, die ursprünglich als Schule für Sklaven diente, eine kleine Sammlung zur südafrikanischen Missionsgeschichte.

Wenige Schritte entfernt in der Strand Street befindet sich ein exzellentes Beispiel eines typischen Kapstädter Bürgerhauses des frühen 18. Jh. Das Interieur des neoklassischen Koopmans de Wet House (Di-Sa 9.30-16.30 Uhr) spiegelt mit seinen Möbeln, dem Silber und Glas den Lebensstil eines wohlhabenden Kaufmanns jener Zeit wider.

Von der St. George’s Mall zum Castle of Good Hope

Der Strand Street nach Osten folgend, erreicht man nach etwa 200 m die St. George’s Mall , eine Fußgängerzone mit schönen Geschäften, Souvenirläden und Kneipen.

Zwischen den Querstraßen Shortmarket und Longmarket Street liegt der Greenmarket Square, der belebteste und beliebteste Platz Kapstadts. Er hat das Flair eines großen Flohmarkts, hier gibt es fast alles zu kaufen: Kleidung, Schmuck, Kunsthandwerk, Lederwaren und alte Bücher. Gehandelt wurde hier schon immer, während andere, größere Plätze der Stadt ursprünglich nur zum Ausspannen der gewaltigen Ochsenwagen dienten. Rund um den Greenmarket Square findet sich auch die bedeutendste Konzentration von
Art-déco-Architektur in Kapstadt. Vor allem das Market House mit seinen Verzierungen zu Themen der heimischen Fauna und Flora, ferner das Namaqua House sowie das Gebäude der Protea Assurance verdienen besondere Erwähnung.

Einen halben Kilometer östlich steht das Castle of Good Hope (Führungen tgl. 10, 11, 12, 14 und 15 Uhr), das zwischen 1666 und 1679 auf dem Grundriss eines fünfzackigen Sterns entstand. Umgeben ist die Festung von 10 m hohen Erd- und Steinwällen. Tatsächlich blieb dieses älteste europäische Bauwerk auf südafrikanischem Boden vor jeglichem Angriff verschont. Jede Zacke der Anlage ist von einer Bastion gekrönt, deren Name die holländische Verbundenheit verrät: Buuren, Leerdam, Oranje, Nassau und Katzenellenbogen. Zu ihnen gehören Lager- und Wohnräume sowie unter dem Meeresniveau liegende Kerker. Im Innenhof der Anlage, die heute auch Sitz des Militärkommandos der Provinz West-Kap ist, liegt das Kat genannte Haus des Gouverneurs. Hier gibt die William Fehr Collection of Africana Einblick in das Leben am Kap im 17. und 18. Jh.

Folgt man der vor dem Castle verlaufenden Buitenkant Street etwa 600 m südwärts, gelangt man zu dem Anwesen Rust en Vreugd (Mo-Fr 9.30-16 Uhr), was ›Ruhe und Freude‹ heißt. Es handelt sich hierbei um das schönste Exemplar eines Kapstädter Hauses aus dem 18. Jh. Im Inneren wird eine Auswahl historischer Aquarelle, Ölgemälde, Möbel, Keramik und Glaswaren gezeigt.

Von der Heerengracht zur Victoria & Alfred Waterfront

Kurz hinter dem Hauptbahnhof, von dem regelmäßig Busse zur Victoria & Alfred Waterfront starten, geht die Adderley Street in die breite, von Blumen und Palmen gesäumte Heerengracht über, die an dieser Stelle von einem Denkmal für Jan und Maria van Riebeeck geziert wird. In östlicher Richtung zweigt der nach einem früheren Premierminister benannte Herzog Boulevard ab, an dem sich links das Nico Malan Theatre Centre mit Kapstadts modernster Bühne und einer hervorragenden Akustik befindet. Über den Boulevard führt eine Fußgängerbrücke zum Civic Centre, dem Sitz der Stadtverwaltung. Dieser monströse Betonklotz repräsentiert ein Stück Monumentalarchitektur, wie sie für die späten Jahre des Apartheidregimes typisch war.

Etwa 2 km entfernt, mit dem Bus aber bequem erreichbar, liegt das Shopping- und Vergnügungsviertel Victoria & Alfred Waterfront. 1988 begannen die Umbauarbeiten in dem einst verwahrlosten Hafengebiet, das inzwischen mit seinen zahlreichen Geschäften, Boutiquen, Restaurants und Hotels zu einem der beliebtesten Ziele in Südafrika geworden ist. Die nach dem Vorbild der ›Fisherman’s Wharf‹ in San Francisco gestaltete Amüsiermeile hat allerdings auch viele Fachgeschäfte aus gepflegten Vororten wie Sea Point abgezogen, sodass dort ein städtebaulich bedenkliches Vakuum zu entstehen beginnt.

Eine Attraktion an der Waterfront ist das Two Oceans Aquarium (tgl. 10-19 Uhr), das in zwei großen Schaubassins über alles informiert, was mit Ökosystemen an Fluss und Meer zusammenhängt. Große Haie, Rochen und andere Meeresbewohner sind hier aus nächster Nähe zu bestaunen. Inhaber eines Tauchscheins dürfen gegen eine Gebühr sogar mit den Haien tauchen.

Die Gefängnisinsel Robben Island in der Tafelbucht, auf der Nelson Mandela 18 Jahre als politischer Gefangener verbrachte, ist nunmehr für Besucher zugänglich. Auch seine Zelle ist zu besichtigen. Dreieinhalbstündige Bootstouren starten regelmäßig an der Waterfront. Fahrkarten sind sehr begehrt, sollten vorgebucht werden und sind online oder an der Waterfront erhältlich.

Tafelberg und Bloubergstrand

Von der Terrasse eines der vielen Restaurants an der Waterfront lässt sich bei klarem Wetter das einmalige Panorama des Tafelbergs wunderbar genießen. Doch auch hinauf auf das Hochplateau des Berges sollte man wenigstens einmal an einem wolkenfreien Tag, um von dort aus eine der spektakulärsten Aussichten der Welt zu erleben. Auf das 1086 m hohe Wahrzeichen der Stadt führt eine ganze Reihe von Wanderwegen der unterschiedlichsten Schwierigkeitsgrade sowie die schnelle Seilbahnverbindung mit Panoramagondel, die von der Talstation Kloof Nek startet. Vor dem großen Warenhaus OK Bazaar in der Adderley Street fahren die Busse zur Haltestelle Kloof Nek ab. Von dort verkehrt ein Zubringerbus direkt zur Seilbahnstation.

Die wohl eindrucksvollste Gesamtansicht von Tafelberg und Kapstadt ermöglicht eine Fahrt zum 25 km nördlich der Stadt an der Westküste gelegenen Ort Bloubergstrand. Vielleicht hat man Glück und sieht das Tafeltuch, jenen berühmten Wolkenschleier, der sich gelegentlich vom Bergplateau hinunter über die schroffe Felswand legt.